Hessischer Krankenhaustag 2025: Reform braucht Realitätssinn – Hessen setzt auf Zusammenarbeit
31.10.2025

Unter dem Motto „Krankenhausreform – Wie Berlin denkt und Hessen lenkt“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Klinikpraxis, Wissenschaft und Selbstverwaltung beim Hessischen Krankenhaustag 2025 im KongressCenter Kurhaus Bad Homburg über die Umsetzung der Reform auf Bundesebene, die Krankenhausplanung in Hessen und die Zukunft einer verlässlichen, patientenorientierten Versorgung. Zum Auftakt betonte Prof. Dr. Steffen Gramminger, Geschäftsführender Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. (HKG), die Bedeutung von Partnerschaft, Dialog und gemeinsamer Verantwortung. Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Land, Kliniken und Partnern könne die Krankenhausreform in Hessen erfolgreich gestaltet werden.
Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz eröffnete den Hessischen Krankenhaustag offiziell mit einem Grußwort. Sie betonte, dass Hessen die Krankenhausreform von Beginn an konstruktiv unterstützt, zugleich aber auf Praxistauglichkeit und Handlungsspielraum für die Länder pocht. Das Land habe seine Hausaufgaben frühzeitig gemacht, gemeinsam mit der HKG und dem Medizinischen Dienst das Antragsverfahren gestartet und arbeite parallel an einem neuen Krankenhausplan, der noch in diesem Jahr für Planbarkeit und Sicherheit sorgen soll. Stolz machte deutlich, dass die Reform nur gelingen könne, wenn sie praxisnah ausgestaltet werde und die Länder die notwendige Beinfreiheit erhielten, um die unterschiedlichen Versorgungsrealitäten in Stadt und Land abzubilden. Gerade Hessen, das stark ländlich geprägt ist, brauche flexible Lösungen und regionale Handlungsspielräume, um eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung auch künftig sicherzustellen. Sie verwies zudem auf den engen Schulterschluss zwischen Ministerium, Krankenhäusern und Partnern im Gesundheitswesen, der in Hessen beispielhaft funktioniere.
Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz betonte auf dem Hessischen Krankenhaustag, dass sie immer hinterlegt habe, dass es eine Krankenhausreform brauche. „Ich habe von Anfang an auch gesagt, dass diese praxistauglich sein muss und die Länder Handlungsspielraum benötigen, um die unterschiedlichen Versorgungsrealitäten in Stadt und Land abzubilden. Hier auf dem Krankenhaustag verbindet uns alle ein gemeinsames Ziel. Wir wollen, dass alle Hessinnen und Hessen auch in Zukunft im Not- und Krankheitsfall eine gute und erreichbare medizinische Versorgung bekommen“, so die Ministerin. Sie verwies zudem auf den engen Schulterschluss zwischen Ministerium, Krankenhäusern und Partnern im Gesundheitswesen, der in Hessen beispielhaft funktioniere. „Dafür sind wir seit Beginn meiner Amtszeit in engem Austausch mit unseren Partnern wie der Hessischen Krankenhausgesellschaft. Wir gestalten die Umsetzung der Krankenhausreform in Hessen gemeinsam.“
Reform in der Praxis: Neuer Wind aus Berlin?
Wie sich die Krankenhausreform auf Bundesebene auf die Versorgung auswirkt, wurde im ersten Themenblock kontrovers diskutiert. Unter der Moderation von Florian Albert, Chefredakteur des Verlags Bibliomed und ausgewiesener Experte im Gesundheitswesen, beleuchteten Politik, Krankenkassen und Klinikpraxis die Reform aus unterschiedlichen Perspektiven. Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), kritisierte die finanziellen Einschränkungen infolge der jüngsten Sparbeschlüsse. Diese gefährdeten die wirtschaftliche Stabilität vieler Kliniken und führten zu wachsender Planungsunsicherheit in den Häusern. Er warnte davor, dass die aktuellen Kürzungen einen „kalten Strukturwandel“ auslösen könnten, der Marktmechanismen über Versorgungsnotwendigkeiten stellt. Statt zusätzlicher Belastungen brauche es Verlässlichkeit, weniger Bürokratie und eine solide Finanzierung, um den Reformprozess auf tragfähige Füße zu stellen. Stefan Wöhrmann von der Landesvertretung des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) Hessen stellte die Perspektive der Krankenkassen dar. Er machte deutlich, dass eine erfolgreiche Umsetzung nur gelingen könne, wenn die Finanzierung verlässlich gestaltet und die unterschiedlichen Versorgungsrealitäten berücksichtigt werden. Besonders bei Ambulantisierung zwischen allen Beteiligten. Reform dürfe kein theoretisches Konstrukt bleiben, sondern müsse sich an den Bedürfnissen der Versicherten und der Leistungserbringer orientieren.
Auf Landesebene ordnete Staatssekretärin Dr. Sonja Optendrenk aus dem Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (HMFG) den Stand des Reformprozesses aus Verwaltungssicht ein. Sie machte deutlich, dass Hessen den eingeschlagenen Kurs konsequent fortführt, gleichzeitig aber realistische Zeitfenster und klare Prioritäten brauche. Der sehr enge Zeitplan und zahlreiche noch offene Detailregelungen erforderten eine sorgfältige Abstimmung zwischen Bund, Land und Akteuren. Entscheidend sei, die Verfahren rechtssicher, koordiniert und praxistauglich zu gestalten, um eine verlässliche Umsetzung der Krankenhausreform in Hessen u gewährleisten.
Prof. Dr. Christian Höftberger, Präsident der HKG, unterstrich, dass Reform mit Realitätssinn und Augenmaß gestaltet werden müsse. Eine resiliente Krankenhauslandschaft könne nur funktionieren, wenn wirtschaftliche Tragfähigkeit und Versorgungsauftrag zusammengedacht würden. Er warnte, dass es keine stabile Gesundheitsversorgung ohne ökonomische Basis geben könne: „Wenn niemand mehr bereit ist, Leistungen zu erbringen, weil sie sich nicht tragen, dann geht das Licht aus.“ Mit Blick auf die Bundespolitik machte er deutlich, dass Reformen nicht durch kurzfristige, taktische Entscheidungen gelingen, sondern nur durch Vertrauen, Dialog und Realismus. Zugleich warb er dafür, den Blick nach vorn zu richten und aus der Opferrolle heraustreten – hin zu einer Gestaltungsrolle, die Verantwortung übernimmt und Chancen nutzt. Hessen wolle, so Höftberger, einen „Aufwind“ erzeugen: mit Innovationskraft, Verantwortung und einem klaren Ziel, die Versorgung robust, wohnortnah und tragfähig zu sichern.
Aktives Hessen plant!
In der zweiten Session rückte die Krankenhausplanung in Hessen in den Mittelpunkt. Ministerialdirigent Stefan Sydow aus dem HMFG stellte den Stand des neuen Krankenhausplans vor, der eine patientengerechte, bedarfsgerechte und verlässliche Versorgung sicherstellen soll, auch in Ausnahmesituationen. Der Planungsprozess folge dabei einem abgestuften Verfahren von Antragstellung, MD-Prüfung und Feststellung. Wie die Umsetzung konkret erfolgt, erläuterte Steffen Euler, stellvertretender Vorstand des Medizinischen Dienstes Hessen. Seit Anfang Oktober werden landesweit über 2.000 Prüfaufträge bearbeitet. Der Medizinische Dienst, so Euler, verstehe sich dabei nicht als Kontrollinstanz, sondern als Partner im Verfahren, der die Krankenhausplanung fachlich begleitet – mit klarem Fokus auf Transparenz, Digitalisierung und Bürokratieabbau. Eine enge Abstimmung zwischen HMFG, HKG, und MD sei hierbei entscheidend, um den Prozess effizient und nachvollziehbar zu gestalten.
Prof. Dr. Steffen Gramminger, Geschäftsführender Direktor der HKG, betonte, dass Reform nur gelingt, wenn Zielkonflikte zwischen Wirtschaftlichkeit, Qualität und Versorgungsdichte offen benannt werden. Reform sei kein technisches Projekt, sondern ein gesellschaftlicher Prozess ist, der Verlässlichkeit, klare Kommunikation und den Mut zur Priorisierung erfordere. Hessen habe gezeigt, dass Zusammenarbeit auf Augenhöhe funktioniert, zwischen Kliniken, Land und Partnern im System. Entscheidend sei realistische Erwartungen zu formulieren und den Fokus auf die Patientinnen und Patienten zu richten. „Wir müssen uns alle ehrlich machen und die Perspektive der Patientinnen und Patienten stärker in den Mittelpunkt rücken“, so Gramminger.
Aus Sicht der Datenauswertung und Systementwicklung zeigte Prof. Jörg Risse, Geschäftsführer der Vicondo Healthcare GmbH, wie die neuen Mindestvorhaltezahlen künftig die Zuweisung von Leistungsgruppen bestimmen. Sie sollen sicherstellen, dass Leistungen dort erbracht werden, wo ausreichend Erfahrung vorhanden ist. Zugleich warnte er vor den Risiken für kleinere Häuser, die diese Vorgaben nur schwer erfüllen können, und mahnte Übergangsfristen sowie regionalen Gestaltungsspielraum an.
Zum Abschluss betonte Dr. Björn Misselwitz, Leiter der Geschäftsstelle der Landesarbeitsgemeinschaft Qualitätssicherung Hessen (LAGQH), die wachsende Bedeutung von Qualitätssicherung und Patientensicherheit im neuen Krankenhausplan. Misselwitz machte deutlich, dass Strukturqualität allein nicht ausreicht, um Versorgungsrealität abzubilden. Entscheidend sei die Einbindung von Prozess- und Ergebnisqualität, um Qualität sichtbar und Verbesserungspotenziale nutzbar zu machen.
Einblicke, Herausforderungen und Impulse
In der dritten Session rückten juristische, ärztliche und technologische Perspektiven in den Fokus. Dr. Claudia Mareck, Rechtsanwältin und Partnerin bei PPP Rechtsanwälte gab einen Überblick über die rechtlichen Aspekte der Krankenhausplanung und machte deutlich, dass viele Verfahrensfragen, wie etwa zur Rolle des Medizinischen Dienstes, zur rechtlichen Bindungswirkung von Prüfentscheidungen und zum Verhältnis von Krankenhausplan und KHVVG, derzeit noch nicht abschließend eindeutig geklärt sind. Planungssicherheit erfordere klare Zuständigkeiten und rechtssichere Kriterien, um den Reformprozess auf eine verlässliche Grundlage zu stellen.
Dr. Christian Schwark, Referatsleiter für Ärztliche Weiterbildung bei der Landesärztekammer Hessen zeigte auf, welche Folgen die Reform für die ärztliche Weiterbildung haben könnte. Durch die neue Leistungsgruppensystematik drohten Lücken, insbesondere an kleineren Standorten. Er warb für tragfähige Verbundstrukturen zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen und mahnte, die Finanzierung der Weiterbildung verlässlich zu sichern, um den ärztlichen Nachwuchs in der Fläche zu gewährleisten.
Einen praxisnahen Einblick in die Notfallversorgung bot Dr. Andreas Jerrentrup, Leiter der Zentralen Notaufnahme am Universitätsklinikum Marburg. Er stellte dar, dass die Erfahrung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte maßgeblich zum Behandlungserfolg beiträgt und dass digitale Systeme und KI künftig helfen können, Prozesse zu verbessern und Personal zu entlasten. KI könne, so Jerrentrup, den Arzt nicht ersetzen, aber helfen, damit mehr Zeit für die Versorgung der Patientinnen
und Patienten bleibt.
Zum Abschluss richteten Prof. Dr. Christian Höftberger und Prof. Dr. Steffen Gramminger den Blick nach vorn. Beide dankten den Teilnehmenden für den intensiven Austausch und das Engagement aller Beteiligten. Die Krankenhausreform, so ihr gemeinsames Fazit, verlange Zusammenhalt, Pragmatismus und Mut zur Veränderung. Eigenschaften, die in Hessen gelebte Realität seien. Der Hessische Krankenhaustag zeige jedes Jahr aufs Neue, dass wir Reform nicht nur diskutieren, sondern gestalten.
Die HKG dankte allen Referentinnen und Referenten sowie Partnern, die mit ihren Fachbeiträgen und Impulsen zum Gelingen des Hessischen Krankenhaustags 2025 beitrugen. Über 250 Teilnehmende nutzten in diesem Jahr die Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Austausch. Ein besonderer Dank gilt den Ausstellerinnen und Ausstellern und Sponsoren, die den Hessischen Krankenhaustag 2025 mit ihrer Präsenz im Foyer des Kurhauses unterstützt haben: apoBank, Evangelische Bank, EKKplus (Dienstleistungs- und Einkaufsgemeinschaft Kommunaler Krankenhäuser), Soobr, Deutsche Apothekerund Ärztebank eG, Vicondo Healthcare GmbH, IMC clinicon, MEDAL (Medizinische Abrechnung GmbH), Solidaris, Siemens Healthineers AG, Koordinierungsstelle Weiterbildung Allgemeinmedizin (KoSTA), Ecclesia Gruppe, WI Bank, DECOCLEAN, MedEcon, PflegebildungHoch3, Apetito, Dräger Medical, Reformwerk Beratungsgesellschaft mbH, Deutschland GmbH, CURATIS, Pflegequalifizierungszentrum Hessen, PQZ, CURACON, TRUECARE GmbH und HFBP Rechtsanwälte und Notar.